Heute Morgen ging es dann trotz des wirklich schönen Platzes weiter. Schon ein paar km weiter gab es dann in einer kleinen Hütte direkt an der Piste eine Bäckerei und wir deckten uns mit frischem Brot ein.
Sesfontein ließen wir links liegen und fuhren in Richtung Opuwo. Die Piste machte einen ausgezeichneten Eindruck und wir kamen rasch voran.
Die Piste ging immer auf und ab. Man sah teilweise schon km im voraus und konnte die „Hügel“ zählen über die die Piste führt. Aufpassen musste man nur auf die „Täler“ zwischen den „Hügeln“, sie waren am tiefsten Punkt teilweise fast V-förmig und konnten nur vorsichtig durchfahren werden. Es war wie in einer Achterbahn in der du die Geschwindigkeit selbst vorgeben kannst. Unterwegs an einer sehr steilen Anfahrt zu einem „Hügel“ stieg Gisela zum Fotografieren aus und ich fuhr einen km vor und wendete. Als ich zurück kam hatte schon ein Fahrzeug gehalten. Es entwickelte sich ein nettes Gespräch und wir stellten fest, dass wir das gleiche Tagesziel hatten. Thomas und Maria wollten zwar vorher noch etwa 100 km entfernt einkaufen aber dann auf dem Campingplatz „Aussicht“ hier in den Bergen übernachten. Wir fuhren also vor und nach 5 km holpriger Anfahrt waren wir auf dem Campingplatz in 1600 m Höhe mit tatsächlich einem grandiosen Ausblick. Begrüßt wurden wir von Birgit, einer Dame aus Windhoek, die hier für 2 Monate im Haushalt unterstützt. Später kam auch noch Marius Steiner dazu der hier den Campingplatz und eine Mine betreibt. Strom und Wasser gibt es hier oben nicht, wenn man mal vom Regenwasser in der Zisterne absieht. Marius ist Namibianer und lebt seit 27 Jahren hier in dieser Einsamkeit inmitten von Himbas und Hereros. Die nächste Einkaufsmöglichkeit ist 80 km entfernt. In seiner gepachteten Mine ringen Marius und seine Mitarbeiter dem Berg Dioptase und andere Mineralien ab. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er darüber hinaus durch Gästezimmer, einen Campingplatz mit 5 Stellplätzen und Touren, in denen er seine Gäste durch Namibia oder hauptsächlich in die umliegenden Himbadörfer führt. Es gibt Orte an denen man sich gleich wohl fühlt, hier fühlten wir uns gleich wohl. Den Abend verbrachten wir mit Birgit, Marius und einem Ehepaar aus Offenburg bei einem guten Abendessen mit netter Unterhaltung. Anschließend saßen wir dann noch mit Maria und Thomas zusammen.
Für den nächsten Tag war dann eine Halbtagestour in ein Himbadorf angesagt. Himbas und Hereros gehörten ursprünglich dem gleichen Volksstamm an.
Bei den Hereros tragen die Frauen wie bei uns um die Jahrhundertwende des 19. Jh. Kleider im wilhelminischen Stil. Bei den Himbas dagegen fetten die Frauen ihre Haut mit einem Gemisch aus Erde und Fett ein. Dadurch wird die Haut vor der starken Sonne wirkungsvoll geschützt. Die Frauen tragen aufwendigen Schmuck und sind nur mit einem Tuch um die Lenden bekleidet. Man fühlt, wenn man den Einheimischen z. B. im Supermarkt begegnet, deutlich die andere Kultur. Die Männer sind meist wie in Europa üblich bekleidet. Bei den Kindern ist es genau umgekehrt. Die Buben springen meistens nackt durchs Dorf während die Mädchen nie ganz nackt zu sehen sind.
Die Dörfer waren noch sehr natürlich und von Marius gut ausgesucht. Es wurde nicht gebettelt, die Frauen boten uns kunsthandwerkliche Gegenstände zum Verkauf an.
Am späten Nachmittag zeigte uns Marius dann noch seine Mine. Als wir in den Stollen hinein gingen kamen uns die Fledermäuse entgegen. Deutlich waren in dem Stollen die unterschiedlichen Gesteinssegmente wahrzunehmen.
Anschließend gab es noch ein paar Hintergrundinformationen.
Arbeiter werden hier nach ihrer unterschiedlichen beruflichen Zugehörigkeit bezahlt wie z.B. landwirtschaftliche oder gastronomische Tätigkeiten. Ein schwarzer Arbeiter auf einer Farm verdient ca. 1300.- NAD. Wobei oft nur 900.- NAD in bar ausgezahlt werden und der Rest in Naturalien. Dies zum Schutz der Frauen und Kinder, somit kann der Mann nicht alles in Alkohol umsetzen. Alkohol ist ein großes Problem. Anschaffungen innerhalb der Familien erfolgen sehr häufig auf Kredit. Hier werden teilweise Wucherzinsen von 35% fällig. Die Arbeiter haben oft keine eigene Initiative. Auf einer Farm wurde den Arbeitern ermöglicht eigene Tiere zu halten und Gemüse anzubauen. Obwohl der Farmer Wasser und Strom kostenfrei zur Verfügung gestellt hat und darüber hinaus anbot, das Gemüse für seinen Gästebetrieb abzukaufen, nahm von 15 Mitarbeitern nur einer das Angebot an.
1300.- NAD entsprechen 100.- €. Viele der Männer haben 2 und mehr Frauen und viele Kinder die versorgt werden sollten. Schulgeld wurde nun abgeschafft, doch für Schuluniform und Schulutensilien fallen 500.- NAD im Jahr an. Trotzdem wird lieber palavert als durch Eigeninitiative für einen bescheidenen Wohlstand gesorgt.
Bei den Himbas sind mehr als 50% HIV positiv infiziert.
Marius, „der Mann mit dem alten Hemd“, wie er von den Himbas genannt wird, hat großes Ansehen unter ihnen. Er versucht, einige soziale Projekte durchzuführen, um ihren Lebensstandart zu verbessern, ohne ihre kulturelle Identität zu gefährden.
An diesem Abend entschlossen wir uns, noch einen Tag länger zu bleiben und dann gemeinsam mit Maria und Thomas die weitere Fahrt in den einsamen Norden zu unternehmen.
Am nächsten Tag war dann doch etwas Kulturschock angesagt. Beim Einkaufen in Opuwo waren viele Kulturen durcheinander gemixt. Hereros, Himbas, Schwarze und Weiße und es kommt einem schon etwas seltsam an wenn eine Frau barbusig im Lendenschurz neben einer Frau im wilhelminischen Kleid mit passendem Hut durch die Regale geht oder an der Kasse ansteht.
Hier in der Nähe des Supermarktes gab es auch viele bettelnde Menschen. Allerdings muss man wissen, arm sind die meisten hier nicht. Betteln ist ein einfaches und einträgliches Geschäft. Zwei Jugendliche zeigten uns zum Beispiel ein Schulheft, in dem einige Touristen mit Beträgen zwischen 100.- und 200.- NAD eingeschrieben waren als „Spende“ für neue Fußballtrikots. „Gute Geschäftsidee“ wenn man bedenkt, dass der Tagesverdienst eines Arbeiters bei 50.- NAD liegt.
Wir kauften die nötigen Lebensmittel um die nächsten Tage versorgt zu sein und fuhren zurück.
Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns sehr herzlich von Marius und Birgit und versprachen, darüber nachzudenken, ob wir nicht Lust hätten Marius bei einem Gartenbewässerungsprojekt für die Eingeborenen zu unterstützen und daran eine kurze Zeit mitzuarbeiten.