Mit Lettland haben wir schon das vierte Land erreicht

Die Zeit verfliegt und wir sind schon weit in Litauen. Wir haben unseren Nobelcampingplatz in Warschau verlassen. Nobel war hier leider auch der Preis, mit 31.- € für die Nacht war er für polnische Verhältnisse sehr teuer. Wir sind in Richtung Norden gefahren nach Reszel. Hier steht etwas außerhalb eine der schönsten Wallfahrtskirchen Polens.

Polen mit seinen Kirchen und Friedhöfen ist schon eine Wucht. Die Friedhöfe sind übersät mit einem bunten Blumenmeer. Selbst wenn man feststellt, dass der größte Teil der Blumen künstlich ist, ist es eine Pracht für das Auge. In Rezsel selber steht eine wunderschöne alte Kirche. Wir konnten darin den Schluss einer Messe erleben und dies war schon grandios und erinnerte mich an meine Jugend. Vieles auf lateinisch, der Rest polnisch, die innig gläubigen Menschen und das altertümliche grandiose Bauwerk gaben was her. Der Mesner meinte es gut mit uns, er gestattete uns, auf den über 50 m hohen Turm der Kirche zu steigen. Über 200 sehr steile Treppen ging es vorbei am Uhrwerk und den Glocken hinauf. Dort oben wehte ein kalter stürmischer Wind, der uns fast herunter geblasen hätte. Wir hatten aber eine fantastische Aussicht von da oben. Es hat seine Vorteile wenn man außerhalb der Saison reist. Nicht nur am Glockenturm, auch bei den meisten Parkplätzen und Eintritten wurde noch nicht kassiert. Die Unsitte, auch in Kirchen Eintritt zu verlangen, hat hier in Polen noch keinen Einzug gehalten. Wir machten dann am Nachmittag noch einen Abstecher zur 10 km entfernten Wallfahrtskirche von Swieta Lipka. Auch hier waren kaum Besucher da. Wir hatten diese große wunderschöne Kirche fast für uns alleine.

Übernachtet haben wir dann in Rezsel mitten in der Stadt auf dem Parkplatz der alten Burg, die zu einem kleinen Hotel umgebaut wurde. Wir hatten eine sehr ruhige Nacht. Spätestens mit Einbruch der Dunkelheit werden hier die „Gehwege nach oben geklappt“.

Am nächsten Morgen ging es dann weiter zur Wolfsschanze. Ein unheimlicher Ort. Die alte Bunkerstadt aus dem letzten Weltkrieg ist durch die deutsche Wehrmacht beim Verlassen des Areals 1945 gesprengt worden. Die russische Armee sollte keine intakten Anlagen mehr vorfinden. Die Mauern der Bunker waren über 3 Meter dick und mit viel Stahl armiert. Durch die Sprengungen wurden zwar die Anlagen zerstört, die Überreste sind aber noch begehbar und die Natur hat die Tarnung erhalten. Das Ganze wirkt gespensterhaft und hatte eine sehr nachhaltige Wirkung auf uns. Die Polen allerdings machen aus diesem Mahnmal eine kleine Unterhaltungsshow. In mehreren Sprachen wird geworben, dass man das Areal auch mit alten Wehrmachtsfahrzeugen erkunden kann. Vom Motorrad bis zum Panzerspähwagen, alles aus damaligen Wehrmachtsbeständen, steht alles zur Erkundung bereit. Es machte auf uns schon einen sehr peinlichen Eindruck als ein Panzerspähwagen, mit ausgeflanschtem Maschinengewehr an uns vorbei fuhr. Besetzt mit dem polnischen Fahrer und vier deutschen Touristen, allesamt mit Uniformen und Helmen aus der damaligen Zeit. Lachend und jubelnd hinter dem Maschinengewehr. Ein makabrer Spaß! Schade, dass der eiskalte Regen, der heute Morgen hier niederging, in diesem Augenblick aussetzte.

Gegen Mittag fuhren wir dann weiter. Es blieb mit knapp 5° C sehr kalt, der Regen wurde aber weggeblasen. Auch hier in Nordpolen, an der Grenze zu Russland, fanden wir ein hervorragendes Straßennetz. Auch hier zeitweise mit Schallschutz und überdimensionierter Verkehrsführung.

Wir überschritten am Spätnachmittag die Grenze nach Litauen. Die Straßen hier sind gut. Der Verkehr, besonders der LKW-Verkehr nahm stark zu. Es kamen uns hunderte von Lkw´s entgegen. Der starke, sehr böige Wind versetzte bei jeder LKW-Begegnung unser Fahrzeug um einen 1/2 Meter. Das Fahren war sehr anstrengend. In Marijampole, der ersten Stadt in Litauen, fuhren wir dann eine ruhige Wohnstraße an und übernachteten dort am Straßenrand. Eingebettet zwischen den hübschen Vorgärten der angrenzenden Häuser. Auch hier hatten wir eine sehr ruhige, ungestörte Nacht.

Am nächsten Morgen fuhren wir dann nach dem Frühstück weiter Richtung Riga. Als Ziel für diesen Tag setzten wir uns den 200 km entfernten “ Berg der Kreuze“ in der Nähe von Siauliu. Die Häuser hier in Litauen machen einen etwas einfacheren Eindruck als in Polen. Sie sind überwiegend in grau gehalten und kleiner. Wenn eine Familie etwas mehr Platz braucht, wird daneben einfach eine kleine „Hütte“ hingestellt. Wie früher bei uns, sind die Stallungen und Scheunen der größere Teil der Gebäude auf den Grundstücken. Die einzelnen Gehöfte und Häuser liegen oft weit auseinander. Es ist sehr flach hier und die Felder sind immens groß. „Man sieht morgens wer mittags zu Besuch kommt“! Unterwegs wurden wir dann überrascht. Eine nette, zum Restaurant umgebaute Mühle bot sich zum Mittagessen an. Für 17.- € gab es ein hervorragendes Mittagessen mit Getränken und Kaffee. Wir waren beide von der Qualität des Essens begeistert. Leider erlebten wir kurze Zeit später in Siauliu auf dem Campingplatz das Gegenteil. Der Campingplatz war sehr nett, wir wären die einzigen Gäste gewesen und der Preis sollte 18.- € betragen. Dies sind Preise von Deutschland und hier wohl für Deutsche. Wir verzichteten und fuhren weiter zu dem Berg der über hunderttausend Kreuze.

Ein wichtiges „Heiligtum“ hier in Litauen. Der Hügel ist nur 9 m hoch. Auf ihm sind aber über hunderttausend Kreuze verankert. Er gilt als Symbol der Litauer für das Streben nach Freiheit. Auch der verstorbene polnische Papst war schon hier.
Gleich neben dem Hügel hat sich ein Kloster angesiedelt. Ein sehr modernes Kloster, es wurden keine Kosten gescheut. Schön angelegt, alles Videoüberwacht, ich staune. Wir besuchten die kleine moderne Klosterkirche, von der man in absoluter Ruhe durch eine Panoramascheibe den „Berg der Kreuze“ betrachten kann. Da wir beide heute etwas Durchfall hatten, beschlossen wir, hier auf dem Parkplatz zu übernachten.

Nach einer stürmischen, regenreichen, kalten Nacht wachten wir am Morgen auf und starteten nach dem Frühstück nach Riga. Es hatte aufgehört zu regnen und nach 20 km überschritten wir die Grenze nach Lettland. In meinen Gedanken war Lettland das präsenteste Land und somit für mich auch das fortschrittlichste. Weit gefehlt und bitter enttäuscht. Die Gebäude wirken ärmlicher. Die Straßen maroder. Vieles erinnert noch an die sozialistische Vergangenheit. Die Menschen sind ärmlicher gekleidet. Der Verkehr ist gering, es gab viele Straßenbaustellen. Lettland ist das Land mit der geringsten Verkehrsdichte. Allerdings scheint es manchen Autofahrern an der Praxis zu mangeln. Gisela meinte, hier kannst du dich schon an die russische Fahrweise gewöhnen.
Die Einfahrt in Riga erinnerte mich dann doch stark an die Verhältnisse der 90 Jahre in den neuen Bundesländern. Großes, holpriges Kopfsteinpflaster mit tiefen Löchern in der Straße. Graue, verschlissene Gebäude und viele schmutzige Lücken zwischen den Gebäuden. Der Campingplatz den wir ansteuerten liegt zentral, etwa 2 km von der Altstadt entfernt. Leider hat er erst ab Mitte Mai geöffnet. Der Platz ist aber bewacht und der Security-Mitarbeiter bot uns einen bewachten Platz an. Toiletten, Wasser und Strom gibt es auch und am Nachmittag kam noch ein 2. Wohnmobil mit Italienern an. Es ist eben keine Saison!


Nach dem Mittagessen spazierten wir dann in die Altstadt von Riga. Die Stadt wirkte relativ leer auf uns. Die alten Gebäude sind schön gerichtet. Die alten Zeppelinhallen zu Markthallen umfunktioniert. In den Markthallen gibt es alles an Lebensmitteln und darüber hinaus sonstige nützliche Haushaltswaren und Kleider der einfachen Art. Dies alles zwar etwas teurer als in Litauen, aber immer noch preiswert. Essen im Restaurant allerdings ist so teuer wie bei uns zu Hause und ein großer Cappuccino kostet 5.- €. Ja, das etwas luxuriösere Leben ist hier für uns gehobene Preisklasse, für die Letten aber sehr teuer. Allerdings glaube ich, dass es doch einige Letten gibt, die sich dies locker leisten. Auffällig hier in Riga ist, dass die insgesamt etwas wenigeren Fahrzeuge doch oft der Oberklasse entsprechen. Eindeutige Aussage von mir, hier möchte ich nicht leben und kann mir auch nicht vorstellen, einen Urlaub hier zu verbringen. Vom ersten Eindruck in Lettland bin ich richtig enttäuscht.

In Lettland gilt der Euro ebenso wie in Estland. In Litauen ist im Moment gerade die Einführungsphase des Euros. Bezahlt wird in der Regel mit Euro, die Preise sind aber doppelt ausgezeichnet. Polen und Tschechien haben noch nicht auf den Euro umgestellt. Wobei die Polen beim Abrechnen mit der Kreditkarte schon den Eurobetrag eingeben wollen. Dies bringt dem Verkäufer meist einen zusätzlichen Umtauschgewinn. Es wird ein schlechter Kurs genommen.

In der Nacht hat es wieder angefangen zu stürmen. Es hat die ganze Nacht stark geregnet und es ist kalt.
Wir wollen den heutigen Tag noch in Riga verbringen und uns die Neustadt ansehen. Riga war im Jahr 2014 Kulturhauptstadt Europas. Zu diesem Anlass wurde laut Reiseführer die Infrastruktur deutlich verbessert. Vielleicht sehen wir ja heute auch außerhalb der Altstadt die Erfolge der Verbesserung.

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