Gemütlich verlassen wir Prag bei strahlendem Sonnenschein und lassen die Invasion der belgischen Camper auf dem Campingplatz zurück. Früher waren es Holländer die in Massen auftraten, heute kommen die Belgier dazu. Auf dem Campingplatz stand eine Armada mit 22 belgischen Campingfahrzeugen die gemeinsam hier angereist waren.
Wir hatten uns kurz nach der Anfahrt entschlossen über Trautenau nach Breslau zu fahren. In der Nähe von Trautenau lebten Giselas Großeltern. Leider hatten wir keine näheren Anhaltspunkte. Allerdings wusste Gisela, dass das Haus in dem sie lebten nicht mehr existiert und somit ließen wir einfach nur die Gegend auf uns einwirken. Seit den 90 Jahren, wo wir schon einmal hier waren, hat sich einiges verändert. Die Gegend ist nicht mehr nur grau in grau. Die Häuser sind herausgeputzt, farbenfroh und machen einen sehr gepflegten Eindruck. Wir haben hier in Tschechien den Eindruck, dass es den Menschen gut geht. Die Fahrzeuge entsprechen unserem Niveau und die Menschen sind überwiegend gut gekleidet. Die Städte machen einen gepflegten, renovierten Eindruck. Die Straßen sind in einem guten Zustand. Das Preisniveau der Lebensmittel ist etwas niedriger als bei uns in Deutschland.
Die Fahrt durch das Riesengebirge war eine Augenweide. Strahlender, blauer Himmel. Die Berge schneebedeckt und die Schneekoppe überragte alles. Es war einfach ein Glückstag, dass alles so passte.
Nach der Grenze in Polen wurde dann alles ein wenig trister und die Gehöfte erinnerten uns doch stark an das grau in grau der DDR vor 1990. Die Fahrzeuge waren etwas betagter als in Tschechien und die Häuser oft in einem sehr baufälligen Zustand. Die Menschen waren nicht mehr so gut gekleidet wie in Tschechien. Das Preisniveau der Lebensmittel ist hier ca. 20% günstiger wie in Deutschland. Der Diesel kostet 1,11 € und ist somit nur geringfügig günstiger. Benzin kostet allerdings dasselbe.
In Breslau wollte Gisela gerne den Campingplatz aufsuchen. Dies bescherte uns eine Fahrt durch die Innenstadt von Breslau. Vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten, sodass wir uns eine Sightseeing Tour sparen konnten. Der Campingplatz, der einzige in Breslau, hatte allerdings bis Ende April geschlossen. In der Nähe, in einer sehr noblen Wohngegend, standen wir dann und verbrachten eine sehr ruhige Nacht. Für kurze Zeit waren wir zwar die Attraktion bei den Anwohnern, die Neugierde ließ jedoch bald nach und wir waren ungestört und standen sicher.
Am nächsten Morgen ging es dann weiter nach Warschau. Fast 300 km auf autobahnähnlichen Straßen. Hier haben die Polen nicht gegeizt und vermutlich die EU-Mittel vorausschauend eingesetzt. Die Straße sehr breit. Fast kein Gebäude am Rande der Autobahn, welches nicht geschützt ist von einer hohen Lärmschutzwand. Moderne, sehr breite Brücken die die Autobahn überspannen. An beiden Seiten aber nur eine Waldlichtung und kein Straßenanschluss. Jede Ausfahrt beleuchtet mit hohen Kandelabern. Die Verkehrsführungen grandios. Alles vorrausschauend gebaut. Fahrzeuge sind außerhalb der Städte nur wenige unterwegs. Die Verkehrsdichte ist sehr gering. Gisela meinte etwas sarkastisch, alle polnischen LKWs fahren wohl auf deutschen Autobahnen. Wir wurden beide etwas neidisch. Hier in Polen scheint für solche Prestigeangelegenheiten genügend Geld vorhanden zu sein.
Ihr merkt, ich bin tatsächlich neidisch.
Und wenn ihr dieses Bild seht versteht ihr auch, dass man da neidisch sein muss. Allein heute auf über 300 km solche Straßen. Das Bild ist nicht geschönt, es ist tatsächlich so.
In Warschau war dann allerdings, es war Freitagnachmittag, der Verkehr sehr dicht und wir benötigten für die letzten 20 km fast eine Stunde bis zum Campingplatz. Der Wok Camping ist ein sehr schöner idyllischer Platz mit hohem Baumbestand und viel Grün. Allerdings, selbst in der absoluten Vorsaison, kostet der Platz fast 30.- € die Nacht. Für polnische Verhältnisse alles andere als preiswert, aber sehr schön und wir sind vom Platz genauso begeistert wie unterwegs von den Straßen.
Heute waren wir in Warschau und erlebten eine Stadt der besonderen, anderen Art. Warschau wurde im Krieg zu über 90% zerstört und dann in der Nachkriegszeit wieder, nach Gemäldevorlagen, Original aufgebaut. Auf uns wirkte das „alte Warschau“, die Innenstadt wie eine Filmkulisse. Die Innenstadt, das „alte Warschau“ steht unter dem Schutz der UNESCO. Der Unterschied zu vielen anderen Städten ist sicherlich der, dass keine zerstörten Häuser einfach nur neu aufgebaut wurden, sondern dass alles nachgebaut wurde. Dadurch hat es eine ganz besondere Wirkung. Die Stadt ist sehr großzügig mit vielen freien Flächen und sehr breiten Straßen.
Samstags scheint ganz Polen hier zu flanieren. War auch ein ganz besonders frühsommerlicher Tag heute. Und die Polen scheinen wie die Norddeutschen schon etwas früher den Sommer zu empfinden. Kurze Hosen, Shirts und appetitliche Miniröcke waren bei manchen heute schon angesagt. Wir allerdings verzichteten auf unsere Jacken noch nicht.
Durch eine 2-stündige Busrundfahrt tauchten wir in die Geschichte Warschaus ein. Warschau eine Stadt zwischen Russland, Deutschland und Österreich.
Etwas zu oft wurde für mich auf die Gräueltaten in der Hitlerzeit hingewiesen und ebenso häufig auf die Gräueltaten der Russen nach 1945. Es war eine erbärmliche Zeit und man tut gut, sie als Mahnmal in Erinnerung zu behalten und trotzdem muss irgendwann Schluss sein mit den Schuldzuweisungen. Die Erinnerungen an diese Zeiten werden hier noch sehr wach gehalten.
Ich hätte nicht gedacht, dass wir hier in die Geschichte so tief eintauchen und ich denke, wir werden noch etwas tiefer eintauchen. Morgen fahren wir weiter über Rössel zur ehemaligen Wolfsschanze. Die Wolfsschanze war das Hauptquartier Hitlers im Russlandfeldzug.
Auffällig für uns war heute noch wie tief gläubig und demütig viele Menschen hier in Warschau sind. Das Andenken an den polnischen Papst wird sehr hoch gehalten.