Heute sind wir morgens etwas früher aufgebrochen und es ist über Nacht wieder kälter geworden. Ein Temperatureinbruch von 22°C seit gestern.
Gisela war bisher der Ansicht, dass wir zu schnell unterwegs sind und schon bald am Zielpunkt unserer Reise. Heute wurde uns beiden aber klar, dass wenn wir in dieser Etappenlänge weiterfahren, wir noch über 20 Tage unterwegs sein werden. Keine Sorge, wir verfallen nicht in Hektik.
Bis Kasan, unserem nächsten Ziel, sind es 140 km und wir erreichen diese schöne Stadt kurz vor Mittag. Stellen allerdings gleich fest, dass es mit Campingplätzen hier mau aussieht. Das Hotel, bei dem man angeblich auch einen Stellplatz bekommt, teilte uns lieb mit, dass ein Stellplatz kein Problem sei. Mit Frühstück kostet das Zimmer 2600 Rubel. Der Stellplatz, auch mit Frühstück, kostet dasselbe. Kasan ist eine sehr saubere, moderne Stadt. Hier steht angeblich die größte Moschee Europas. Allerdings ist uns nicht klar, ob Istanbul zu Europa zählt. Die Hagia Sophia ist doch wesentlich größer. Schön allerdings ist diese Mosche und sie steht hier im Einklang mit den anderen „Tempeln“ verschiedener Glaubensgemeinschaften. Kasan ist das islamische Zentrum Russlands. 116 verschiedene Nationen sollen in dieser Stadt beheimatet sein. Die meisten Glaubensgemeinschaften sind hier vertreten und es scheint in einem guten Nebeneinander zu funktionieren. Wir sind im Reich der Tataren und Kasan ist ihre Hauptstadt. Keine Zerstörung aus Kriegszeiten bedingt eine sehr gute alte Bausubstanz. Die alten Gebäude, in sehr gutem Zustand, zeigen den Wohlstand der vergangenen Jahrhunderte auf, der hier geherrscht hat. Die Kasaner messen gerne von ihrem „Null Punkt“ aus die Entfernung zu den Städten, die keine so große Bedeutung haben wie z.B. Paris, New York und Moskau. Schon die ersten Kilometer im “ Reiche der Tataren“ zeigten auf, dass sie Wert darauf legen, sich vom restlichen Russland abzuheben. Der Zustand der Straße wurde deutlich besser. Allerdings schon nach ein paar Kilometern erlebten wir dann unsere erste Straßenkontrolle in Russland. Die Polizisten waren äußerst zuvorkommend und es gab keinerlei Anstände.
Am frühen Abend fuhren wir noch aus der Stadt und übernachteten an einer Raststätte. Auch diese Raststätte bietet Einkaufsmöglichkeiten, Restaurant, Toilette und Dusche. Wir wurden dann noch vor Einbruch der Dunkelheit aufgefordert, einen etwas besseren Stellplatz zu wählen. Direkt vorne am Eingang gegenüber der Tankstelle sei es sicherer. Getan und der Platz war sicher. Nach 24 Uhr wurde es dann auch merklich ruhiger und wir schliefen gut durch.
Am Mittwoch starteten wir dann nach einer Tasse Kaffee schon gegen 7 Uhr. Frühstücken war auf später angesagt und es erfolgte dann gegen 10 Uhr ausführlich. Wir waren beide heute in Fahrlaune und somit waren es heute Abend über 500 km, die wir zurückgelegt hatten. Dabei war auch ein Schlenker, der eigentlich eine Abkürzung hätte sein sollen, von 50 km. Abkürzung war nicht und die Strecke war so miserabel, dass wir über 90 Minuten brauchten. Erster Härtetest für die neuen Federn. Das WoMo ist hart. Im Aufbau hat es die schöne neue Aufbewahrungsbox von Lidl zerlegt. Naja, sieht gut aus, ist praktisch aber nicht alltagstauglich. Was will man für 5.- € erwarten. Unterwegs gab es kaum Dörfer. Wälder und Äcker soweit das Auge reicht. Russland liegt bisher viel tiefer als wir es eingeschätzt haben. Bisher gab es keine Erhöhung über 300 Meter. Die Wälder sind sehr ursprünglich und oft bestehen sie ausschließlich aus Birken und Kiefern. Die Birkenwälder sind meist sehr sumpfig und nass. Unterwegs war heute, außer Landschaft, wirklich nichts anzuschauen. Die Dörfer am Wegesrand bestanden meist aus sehr stabil gebauten Blockhäusern. Die Kanadier würden sich wundern. Was dort inzwischen etwas Besonderes ist, ist hier Alltag! Da es im Winter hier sehr kalt wird und viel Schnee hat, sind die aufeinanderliegenden Stämme der Blockhäuser oftmals mit zusätzlichen Kordeln isoliert. Die Fensterrahmen sind oft wunderschön verziert.
Auf unserem Schlenker abseits der Hauptstraße holte uns sofort die Wirklichkeit ein. Tiefe Schlaglöcher, schlechter Belag und bei nassem Wetter bestimmt sehr schlammige Stellen bildeten die Straße. Wir bleiben nun vorerst auf der Hauptstraße. Übrigens die Idee, den Schlenker zu fahren, hatte Gisela. Nur zur Klarstellung.
Das „Schwarze Gold“ wird hier überall gefördert.
Nach einer richtig guten Nacht und einem guten Frühstück im Restaurant ging es dann zum 2. Teil der Strecke. Dieser verlief genauso unspektakulär wie der gestrige. Unendlich weite Felder und Wälder. Überraschenderweise, dazwischen immer wieder Radarkontrollen. Auch hier braucht der Staat Geld. Die Umgebung von Perm wäre die Schweiz Russlands. Uns erinnerte es mehr an das Allgäu, nur ohne Kühe. Die Höhe mit max. 300 m ist auch bedeutend tiefer. Immer wieder am Straßenrand lagen noch Schneereste. Trotz 13° C Lufttemperatur war es erstaunlich kühl. Als ob der Boden noch Frost hätte und diesen nun allmählich abgibt. Auch der Wind war sehr kühl. Mit ein paar Pausen „zottelten“ wir den ganzen Tag hinter den flott fahrenden LKWs her und erreichten so am Spätnachmittag eine kleine Raststätte kurz vor Jekaterinburg, wo wir gemütlich zu Abend gegessen haben und die Nacht verbringen wollen.