Im russischen Altai – In Kasachstan

Am nächsten Morgen fuhren wir gegen 9 Uhr zurück nach Kosh Agatsch. Dort führten uns die Betreiber des Campingplatzes in einer Markthalle in einen kleinen Laden, welcher Kamelhaar- und Yakhaarstrümpfe anbot. Das Paar sollte 100 Rubel kosten. Wir als „Touristen“ bezahlten zwar 130.- Rubel, dies war aber für uns in Ordnung. Für 1 Paar hochwertige Strümpfe in guter Qualität 2.- €!
Nachdem wir noch Lebensmittel eingekauft hatten, verließen wir die Stadt. Eine Tankstelle für Propangas ist hier nicht zu finden. Wir hatten zwar noch keinerlei Anzeichen, dass die Flasche bald leer ist, möchten sie aber vorsichtshalber gerne auffüllen lassen.
Die folgenden 3 Tage, wir warteten ja darauf dass Petra und Jürgen nachkommen, fuhren wir in knapp 50 km Etappen voran. Immer entlang an dem mäandernden Fluss, der in seinem natürlichen Bett fließt. Im Hintergrund die 4000er mit ihren schneebedeckten Gipfeln und Gletschern. Das Tal mal sehr breit, dann plötzlich sehr eng. Der Fluss, eingezwängt zwischen den Felsen und der Straße und dann wieder aufgefächert in viele Seitenarme, fast breit wie ein See. So etwas gibt es bei uns zu Hause nicht mehr. Viele Menschen zu Hause kennen dies nur noch aus dem TV und können sich vermutlich nicht vorstellen, wie grandios und einzigartig dies in Wirklichkeit wirkt. Die letzten zwei Tage waren wie wandern mit dem WoMo für uns. In Deutschland wären wir mit dieser langsamen Fahrweise als absolutes Verkehrshindernis aufgefallen.
Nachdem Petra und Jürgen mit ihrem Magirus nachgekommen sind und wir unser Wiedersehen gebührend gefeiert haben, sind wir in zwei Tagesetappen weitergefahren Richtung Semey zur kasachischen Grenze. Unterwegs hatten wir nette Begegnungen mit Russen. Bei einer Übernachtung in einem kleinen Dorf brachte uns ein Bauer frische Milch und Eier vorbei, einfach so, als Gastgeschenk. Die Gastfreundschaft, die Hilfsbereitschaft und die Kommunikationsfreude der Russen erstaunen uns immer wieder und revidieren unser Bild der Russen entschieden. Die Russen, welche unangenehm auffallen in Deutschland oder in den Urlaubshochburgen sind hier die Ausnahme. Die Landschaft hier ist wieder eine fast unendliche Ebene. Sehr fruchtbar und die riesigen Felder sind mit Korn und Sonnenblumen bepflanzt.
Unterwegs erhielten wir dann auch unser benötigtes Propangas. Nach nunmehr über 3 Monaten war die Flasche fast leer. Das Nachfüllen klappte problemlos und war mit gerade einmal 5.- € für unsere 11 kg Flasche sehr günstig.

Schön war es, dass wir uns an unserem gestrigen Reisetag nicht von getrennt von Petra und Jürgen haben. Jürgen wollte gerne eine andere Route fahren die etwas kürzer ist. Gisela hatte die längere Route gewählt, dort gibt es einige Sehenswürdigkeiten. Und da wir glauben, dass wir diesen Teil der Welt nicht noch einmal bereisen werden, diese

an jedem Tag ein kurzes Gewitter

gerne sehen würden. Jürgen konnte sich durchringen den Umweg anzunehmen. Dadurch ist das Reisen sehr angenehm. Mit zwei Fahrzeugen zu stehen ergibt mehr Sicherheit (obwohl dies nicht für nötig erscheint) und vor allem nette, unterhaltsame Abende.
in den letzten Tagen ist die Reise wieder auf Grund der flachen Landschaft eintöniger geworden, dafür der Verkehr etwas dichter (lange aber noch nicht zu vergleichen mit Deutschland). Wir trauern dem Altai etwas hinterher. Es ist schon sehr schön dort und es ist verdammt schade, dass dieser Teil der Welt so fern von zu Hause ist.
Auch unser vorläufig letzter Tag in Russland brachte uns wieder nette Begegnungen.

Wir standen an einem See und ein Ehepaar kam vorbei, gefahren von ihrem Sohn. Der Ehemann war angetrunken und die Frau, sehr beleibt, hatte das Regiment. Es war wie ein Bauerntheaterstück und wir kugelten uns vor Lachen. Gastfreundschaft pur erlebten wir bei der Weiterfahrt. Gisela fragte in einem Dorf einen Mann nach Wasser für Jürgens Fahrzeug. Sofort kam das Angebot, er kann Wasser bei ihm am Brunnen fassen. Es gab aber nicht nur Wasser, wir bekamen Rettiche, Eier und Kartoffeln geschenkt, einfach so, aus Gastfreundschaft.

Am nächsten Tag fuhren wir erst gegen 15 Uhr weiter und verbrachten die Nacht sehr ruhig in einem kasachischen Dorf etwa 20 km vor der Grenze. Es stürmte und regnete in dieser Nacht und die Temperatur sank sehr rasch auf nur 9 ° C. Unterwegs kauften wir am Straßenrand noch Pfifferlinge, das Kilo für 2,50 €.

Die russische Grenze war im Gegensatz zur letzten sehr smart. Die Beamten waren sehr hilfsbereit und freundlich. Ebenso die auf der anderen Seite, die Kasachen. Innerhalb von gut einer Stunde hatten wir die Grenze passiert. Obligatorisch an allen Grenzen waren die Fragen, Kalaschnikow? und Drogen? Keiner hatte uns nach KFZ-Versicherung gefragt und da wir die schon aus Deutschland hatten, war das sehr angenehm.

Die Straße in Kasachstan nach Semey ist gut, hat zeitweise aber sehr tiefe Schlaglöcher, denen man aber bei vorausschauender Fahrweise gut ausweichen kann. Tanken in Kasachstan ist noch günstiger als in Russland. Der Liter Diesel kostet umgerechnet 0,45 €. In Kasachstan gibt es am ATM dann zum ersten Mal seit langem wieder „richtig“ Geld. Der Automat spuckte 100000 Tenge aus, was etwa 490 € entspricht. Schitt, ich hatte mich vertan, nun haben wir fast zu viel Geld für dieses Land. Hier auf dieser Reise ist das Leben sehr günstig für uns. Wir leben sehr gut und mit bisher durchschnittlich 1400.- € pro Monat viel günstiger als zu Hause.
Semey selber hat uns bei der gestrigen Ankunft enttäuscht. Die Stadt wirkt sehr sozialistisch. Viele Plattenbauten, nur wenige schöne Gebäude und laut. Wir haben auf dem Hof der Immigrationspolizei geschlafen und wollen heute Morgen als Erstes die Registrierung erledigen. In Kasachstan ist es noch immer erforderlich, dass man sich bei einem längeren Aufenthalt als 5 Tagen registrieren lassen muss.
Gestern Abend besuchte uns noch ein Kasache. Er sprach leider nur russisch und wir bedauerten es sehr. Aus seiner DDR-Zeit blieben nur die Worte, halt! Zurück! Es wird geschossen!, was er, zumindest glauben wir das, sehr bedauert. Die Menschen hier sind herzensgut und solche Dinge mussten sie wohl zwanghaft durchführen. Er redete immer von Freundschaft und zum Abschied machte er mir ein sehr schönes Geschenk, ein Stilett.

Es war für ihn ein wertvolles Geschenk, welches Hochachtung und Respekt ausdrückte. Schade, seine Einladung nach Hause hatten wir gestern abgelehnt. Es war uns zu spät und wir waren schon zu müde.

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