St. Petersburg

Die Überfahrt erfolgte auf der Princess Anastasia. Die Ausreise war problemlos. Pass und Fahrzeugpapiere wurden etwas genauer kontrolliert und schon durften wir aufs Schiff. Die Kabine war zwar nur eine kleine Innenkabine, die Dusche war aber eine Wohltat. Heißes Wasser und ein starker Strahl, dies tat richtig gut. Vom Leben an Bord hatten wir nicht viel, denn bald schon, nach einer Flasche Sekt, schliefen wir in unserer Kabine ein. Morgens, bei herrlichem klarem Wetter fuhren wir an der Küste Russlands vorbei und legten pünktlich um 9.30 Uhr an. Leider konnten wir vorher das gute Frühstück nicht genießen. Aus dem Fenster sahen wir, dass die Küste teilweise nur noch wenige Meter vom Schiff entfernt vorbei zog. Raffinerien, Kraftwerke, Häuser nur wenige Meter entfernt. War klar, wir sind schon sehr nahe an Petersburg. Die Bedienung erklärte Gisela auch noch, dass dies St. Petersburg sei. Was sie nicht dazu erwähnte, dass der Hafen entlang des Flusses noch 90 Minuten entfernt ist. Dass es bis zum Anlegen der Fähre noch fast 2 Stunden waren. Also Frühstück abgebrochen, rasch in die Kabine zum packen und dann bemerkt, dass es noch in voller Fahrt weitergeht. Blöd gelaufen. Bei der Ausfahrt waren es gerade mal 10 Fahrzeuge, die von Bord rollten. Die Abfertigung an der Grenze verlief problemlos. Dauerte zwar für uns fast 2 Stunden. Der Zoll beanstandete nichts. Die Pässe waren rasch gestempelt, nur das Fahrzeug dauerte bis alle Unterlagen mit doppelter Abschrift (Kopierer oder Durchschlagspapier waren nicht bekannt) ausgefüllt waren. Die Beamten waren sehr freundlich. Der Campingplatz war von der Anlegestelle nur 4 km entfernt und hat, im Internet gestern noch einmal nachgelesen, eine super Bewertung. Im Sommer ist es bestimmt toll hier. Jetzt ist es eben der etwas vernachlässigte Jachthafen. Die Aufräumarbeiten von der Winterpause haben gerade erst begonnen. Der Besitzer des Platzes, ein sehr netter freundlicher Kerl, bemühte sich, eine Alternative für uns zu finden. Leider ist diese 22 km außerhalb und in den Karten, da sehr neu gebaut, noch nicht eingezeichnet. Dann der entscheidende Wendepunkt. Da wir „Freunde von ihm seien und ihn besuchten“, könnten wir natürlich auch hier bleiben. Strom hätte er und in seinem „Gästehaus“, auf einem Boot, gibt es warmes Wasser und Toilette. Das ganze natürlich umsonst. Keine Frage, gerne nahmen wir sein Angebot an. Nachmittags gingen wir dann zu Fuß in die Stadt. Er gab uns ein paar Tipps und so zogen wir los. Jetzt bin ich sehr froh, dass Gisela russisch gelernt hat. Ich komme mir vor wie ein Analphabet der nicht lesen und schreiben kann. Gottseidank sind die Menschen bisher alle freundlich und hilfsbereit. Ich sprach eine Frau an nach dem Weg zur Metro. Obwohl sie kein Englisch konnte, bemühte sie sich unendlich, den Weg zu beschreiben. Gisela fragte nach einer Bank, wiederum sprach die Frau kaum englisch, sie ging mit uns aber die 5 Minuten zur nächsten Bank. Gefunden hätten wir sie alleine wohl nicht. Der ATM steht im ersten Stock, der über ein unscheinbares Treppenhaus zu erreichen ist. 5000.- Rubel war der Höchstbetrag, der ausgegeben wurde. Nachdem wir nun Geld hatten, fuhren wir mit dem Bus zur Metrostation. Dort gelang es uns relativ einfach eine SIM-Karte zu erwerben. Somit haben wir, sofern Netz vorhanden, Internetanschluss. Telefongespräche nach Deutschland sind allerdings teuer. Die Minute schlägt mit 1 € zu buche. Beim deutschen Provider würde es aber fast 3 € kosten. In Estland kostete die Minute nach Deutschland 9 Cent.

Da unsere Truma-Gasheizung ausgefallen ist, haben wir dann noch einen kleinen Heizlüfter erworben. Ohne Heizung wäre es doch empfindlich unangenehm. Wieder zurück bei „unserem Freund“ stellten wir fest, dass er mit den Aufräumarbeiten schon begonnen hat. Der ganze Platz war gefegt, das Gästehaus aufgeräumt und beheizt. Ist schon toll. Hier bemüht sich jemand ganz lieb um uns. Eine Gastfreundschaft, die bei uns so nicht mehr vorhanden ist. Im Internet, das jetzt ja funktioniert, habe ich herausgefunden, dass die russische Vertretung von Truma hier in Petersburg ist. Das gibt ja Hoffnung für ein warmes WoMo.

Gestern Abend, als wir die Toilette in „unserem Gästehaus“ aufsuchten, bekamen wir noch eine nette Einladung zum Kaffee. Im unteren Teil des Bootshauses lebt eine Wohngemeinschaft, die sich dem Musik-Theater verschrieben haben. Sie probten eine Aufführung in ihrem Wohnzimmer und wir durften unseren Kaffee schlurfen und zusehen. War ein sehr belebter Abend.
Als ich heute Morgen auf die Toilette ging, lag in dem Zimmer ein schlafender Typ. Er wachte erst auf, als ich das Zimmer verließ und rieb sich erstaunt die Augen. Ich winkte ihm zu und ich denke, er glaubte noch zu träumen. Als Gisela dann wenig später kam, war er wach und fragte zumindest, weshalb wir seine Toilette benutzten. Die Antwort, dass der Besitzer uns dies gestattet hat, verwirrte ihn. Heute Nachmittag sahen wir ihn beim aufräumen seiner Bude, vermutlich hat er einen riesigen Anschiss kassiert.

Wir waren heute in der Stadt und wissen nun nicht mehr was prunkvoller ist. Der Reichtum der arabischen Sultane, der französischen Könige, der indischen Maharadscha oder der russischen Zaren. Grandios, was die Zaren hier in Petersburg gebaut haben. Eine ursprüngliche Sumpflandschaft wurde kultiviert. Welcher unermessliche Reichtum war hier vorhanden um so etwas Grandioses zu bewirken.

Obwohl St. Petersburg im letzten Krieg über 2 Jahre belagert wurde, ist sehr viel alte, wunderschöne Bausubstanz noch vorhanden. Wir hatten heute das Pech (oder war es Glück), dass einige der Hauptsehenswürdigkeiten geschlossen waren. Dadurch bummelten wir mit dem Bus und zu Fuß durch die ganze Stadt. Im Bus hatten wir fast 2 Stunden noch eine deutschsprachige Erklärung zu Geschichte und Sehenswürdigkeiten.

Auch heute erlebten wir wieder viele freundliche hilfsbereite Menschen. St. Petersburg eine Stadt aber auch voller Widersprüche. Der Nahverkehr und Taxis sehr günstig. Eine Busfahrt quer durch Petersburg kostet gerade mal 28 Rubel (50 Cent). Am Rande von Petersburg schäbige heruntergewirtschaftete Wohnsilos in Plattenbauweise. Die Bevölkerung arm. Durchschnittlicher Verdienst eines Beamten 800.- € im Monat. Auf der anderen Seite, Menschen die sehr gut gekleidet sind und im Kaffee sitzen und für 5.- € Cappuccino trinken. Ein Apple Notebook vor sich haben und mit dem passenden Cellphone spielen. Übrigens, die jungen Damen hier tragen überwiegend kurze Röcke und haben auffallend hübsche Beine. Manchmal mit Schuhen die 10 cm hohe Absätze haben und die Kunst beherrschen, damit zu gehen.

Die Brücke ist angeblich die originellste im „Venedig des Nordens“ wie St. Petersburg auch genannt wird. Die Bankbrücke ist eine mit Stahlseilen verspannte Brücke. Die Stahlseile kommen Löwen mit goldenen Flügeln aus dem Maul.
Viele Wasserstraßen durchziehen St. Peterburg und die Newa ist ein gewaltiger Fluss mit vielen Nebenarmen. Bei starkem Westwind kann der Pegel des Flusses um über 3 Meter steigen. Die Flut wird von der Ostsee herein getrieben. Die gr0ßen Brücken in St. Petersburg sind teilweise Zugbrücken. Sie werden stundenweise über Nacht geöffnet, um den großen Schiffen die Einfahrt zu ermöglichen.

In die Metro fuhren wir mit einer Rolltreppe fast 100 m tief in die Erde ein, bevor wir den Bahnsteig erreichten. Zurück fuhren wir dann notgedrungen mit dem Bus, da die Tür zur Metro einfach versperrt war. Kein Hinweis, aber auch keine Hektik. Scheint hier wohl häufiger der Fall zu sein.

Den Reiseführer hatten wir im Tablett dabei. Somit war das Zurechtfinden in der Stadt absolut kein Problem. Die heutige Technik macht es uns einfach.

Somit war es kein Problem unser WoMo wiederzufinden und wir kamen am Spätnachmittag dort an und empfanden die Wärme, die unser Heizlüfter abgab, als sehr angenehm. Wir haben bisher Glück mit dem Wetter. Es war in der Stadt teilweise sonnig und wenn es windstill war, sogar angenehm. Für die Angabe von nur 35 Sonnentagen im Jahr hatten wir nun schon 1,5 Tage für uns. Ansonsten kann uns selbst der Schneefall, den einige von euch aus Moskau berichten, nicht erschüttern. Ulan Bataar, wo es jetzt noch kalt sein sollte , hat tagsüber 25° C. Das Wetter spinnt einfach.

So schreibt man übrigens Jachtklub auf Russisch!

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