Kasachstan adieu, unser dritte Einreise in Russland

Die Nacht am, nicht im, Gefängnis war relativ laut. Vielleicht lag es aber daran, dass das Ende des Ramadan an diesem Tag gefeiert wurde. Die mehrheitliche Bevölkerung in Kasachstan ist mohammedanisch. Am Abend machten wir noch einen kleinen Spaziergang durch Aktöbe. Die Stadt gab aber für unsere Interessen nicht viel her und so fuhren wir langsam am nächsten Morgen zwar durch die Stadt aber mit dem Ziel, die Stadt zu verlassen und nach Oral zu fahren.
In Oral war ein Campingplatz im Navi ausgewiesen und den wollten wir genießen. Zwar schaute ich bei der Abfahrt noch auf den Tank und machte mir keine Sorgen, obwohl ersichtlich war, dass der Sprit bis Oral vermutlich nicht reicht. Bisher waren auf allen Strecken, selbst auf den kleinsten Strecken spätestens alle 60 km Tankstellen. Hier war über 300 km keine und dies auf einer Hauptverbindungsstraße. Dörfer gab es unterwegs auch so gut wie keine. Nur Steppe und Getreidefelder. Etwa 130 km vor Oral leuchtete das Reservelicht auf und dann 100 km vor Oral dann tatsächlich, wie auf der Karte ausgewiesen, ein kleines Städtchen. Die Tankstelle ist zwar nicht ausgewiesen aber es gibt eine. Ich war froh, es wäre echt knapp geworden.
In Oral fuhren wir den Campingplatz an. Er liegt etwa 12 km außerhalb der Stadt sehr schön am Fluss. Die Lage ist schön, der Platz leider total heruntergekommen. Die Dusche war das schlimmste was ich in meinem Leben als Dusche gesehen habe. So etwas gibt es nicht einmal in Afrika. Genau ein Stellplatz wäre in Frage gekommen. Der Treppen zum Fluss sind in einem Zustand, in dem man sich die Beine und Arme brechen kann. Die Datschas waren etwas besser, doch auch diese, zumindest von außen, erbärmlich. Für die Nacht wollte der Betreiber 5.- €. Wir verzichteten! Lieber stehen wir irgendwo wild in netter, sauberer Umgebung, Läusefrei, mit unserer eigenen Dusche.
Das mussten wir aber nicht. Etwa 7 km weiter gab es einen zweiten „Campingplatz“. Dies war zwar in erster Linie ein großer bewachter LKW-Parkplatz mit Motel. Für Wohnmobile gab es jedoch einen separaten kleinen Platz direkt am Motel und die Dusche und das angegliederte Cafe waren sauber und preiswert. Der Platz kostete 1,50 €. Die Nacht war sehr ruhig und wir schliefen gut. Abends saßen wir noch nett im Freien und waren am nächsten Morgen sehr erstaunt, dass Dauerregen eingesetzt hatte. Ohne Wind, ohne Sturm, ohne Gewitter, es hatte angefangen zu regnen. Wir wollten zwar noch einen Tag in Oral

bleiben, der Regen vertrieb uns jedoch. Es ist auch kälter geworden und es hatte statt 35°C am Tag zuvor nur noch schlappe 16° C. Die Stadtbesichtigung machten wir mit Regenschirm und durch riesige Pfützen. Die Stadt hat in ihrer Hauptstraße viele Gebäude, die man nahtlos als Filmkulisse der 40er oder 50er Jahre verwenden könnte. Beim genauen hinsehen bröckelt jedoch der Glanz.

In einer orthodoxen Kirche besuchten wir eine Messe. Feierlicher Gesang und Weihrauch. Weihrauch so stark, dass man damit bestimmt alles Ungeziefer hätte vertreiben können.
Bei strömendem Regen verließen wir kurz vor Mittag die Stadt.
Leider kommt jetzt der Teil, in dem ich bisher geschriebenes korrigieren muss. Waren die Straßen bisher ohne Frage alle gut befahrbar, sind wir von Oral bis zur russischen Grenze auf einer Straße unterwegs gewesen, die den Begriff nicht verdient. 50 cm breite bis zu 40 cm tiefe Querrillen. Schlagloch an Schlagloch und alle gefüllt mit Wasser. Für das Wasser kann niemand etwas. Es regnete. Die Schlaglöcher sind aber eine Zumutung! Ausweichen ins Gelände war auf Grund des Regens nicht möglich. Diese Straße ist eine Schande für Kasachstan! Unterwegs trafen wir dann zufällig unsere Reisebegleiter aus vergangenen Tagen. Auch ihnen war das Wetter zu mies und somit waren auch sie schon heute auf dem Weg zur Grenze.
Die Grenzformalitäten waren für uns rasch erledigt. Die Einreise nach Russland, es war nun unsere dritte Einreise, wieder mal völlig anders als bisher. Alle Formulare, welche bisher notwendig waren, sind an dieser Grenze hinfällig. Nur ein einfaches Personenformular, fürs WoMo nichts, mal sehen ob das gut geht. Unsere Reisepartner wurden von den kasachischen Grenzern zurück geschickt. Sie wollten ausreisen und erst am nächsten Tag (ihr Visum gilt erst ab morgen) in Russland einreisen. Übernachtung zwischen den Grenzen, das geht ja gar nie nicht!
Wir sind dann in Russland noch 80 km gefahren. Die Zeit wurde an der Grenze wieder 3 Stunden zurückgestellt und somit hatten wir noch „gewonnene Stunden“ zur Verfügung. Die Uhrzeit ist ein ständiges Thema. Navi und Telefon zeigen eine andere Uhrzeit an wie im Reiseführer und Gisela zweifelt ständig an der Richtigkeit der Zeit. Mit unseren Reispartnern haben wir dann telefoniert und ihre Situation erfahren. An der Grenze konnten wir sie nicht mehr sprechen, wir sahen sie nur zurück fahren. Morgen wollen wir uns noch kurz treffen. Spätestens in Saratov trennen sich unsere Weg dann. Wir wollen noch 300 km südlich nach Wolgograd. Gerade hat Gisela gelesen, dass Herr Putin angeblich die Stadt wieder gerne umbenannt hätte in Stalingrad.

 

soweit das Auge blicken kann

Wir stellten unser WoMo an der Moschee ab und dachten, dies ist ein ruhiger Ort. Leider übersahen wir dabei, dass in der Nähe junge Mädchen hier ihre Ferien verbrachten und abends ging dann die Party los. Besonders ein Autofahrer, vermutlich inzwischen schwerhörig, wummerte mit seinem Bass so laut, dass die ganze Stadt beschallt wurde. Wir wurden nicht belästigt, aber es wurde dann doch zu viel. Obwohl ich schon etwas Wein getrunken hatte, in Russland gilt die 0 Promillegrenze (hält sich aber fast keiner dran), entschloss ich mich umzuparken. Keine 300 Meter dann weiter, eine Polizeikontrolle! Ich konnte gerade noch vorher in einen Parkplatz einfahren und die Polizisten schauten mir neugierig beim einparken zu. Etwas später kamen sie dann vorbei und fragten, was wir hier tun. Schlafen? Ja, schlafen! Super, alles OK! Wir hatten ihren Segen. Eine halbe Stunden später wieder ein sanftes Anklopfen. Wieder 3 junge neugierige Polizisten. Wieder der gleiche Ablauf. Dann hatten wir endlich unsere Ruhe. Am nächsten Morgen stellten wir dann fest, dass wir direkt vor der Polizeiwache und der Immigrationspolizei parkten.
Wir fuhren vor die Stadt und warteten auf unsere Reisebegleiter. Gemeinsam fuhren wir die nächsten Kilometer Richtung Saratov. Dort hatten die beiden vor Jahren auf der linken Seite der Wolga einen Übernachtungsplatz an einem Badesee entdeckt. Diesen hofften sie wieder zu finden. Leider wurde daraus nichts. Nach einer Odyssee durch Engels trennten wir uns dann etwas genervt. Die Beiden wollten über den Fluss Richtung Ukraine und wir auf der linken Seite des Flusses Richtung Wolgograd. Wir wollten den Fluss auf keinen Fall überqueren, da wir die Strecke hätten wieder zurück müssen. Wir hatten in den vergangenen Wochen schon öfters Rücksicht auf die Situation der Beiden genommen, wollten aber jetzt nicht mehr einen Umweg in Kauf nehmen, um einen letzten gemeinsamen Abend zu verbringen. Zumal es auch für uns schon ersichtlich war, dass nur wenige Kilometer flussabwärts Wege direkt an die Wolga führten.

Tatsächlich, hier an der Wolga kilometerlanger Sandstrand

Die Beiden riefen noch einmal an, dass sie nun doch den See gefunden hätten. Da fuhren wir aber schon am anderen Ende aus der Stadt hinaus. 30 Minuten später standen wir idyllisch am Ufer der Wolga. Ein kleiner Sandstrand lud zum Baden ein. Allerdings empfand ich beim Schwimmen, dass das Wasser kühl war. Es tat aber richtig gut. Anschließend „badete“ ich noch meine neue Angel. Die ist aber Made in Kasachstan. Die Qualität ist miserabel.

Hier verbrachten wir eine ungestörte Nacht, zumindest bis 3 Uhr morgens. Mit Sonnenaufgang waren wir beide wach. Es regnete leicht. Wir haben die Zeitumstellung noch nicht verarbeitet. Anschließend schliefen wir aber noch bis 7 Uhr. Gisela hatte da aber das Gefühl, es wäre schon kurz vor Mittag.

Wir fuhren dann weiter auf der R226 Richtung Süden. Die Straße ist in einem passablen Zustand. Zwischen der Bereichsgrenze Saratov und Wolgograd ist sie auf 3 km quasi gar nicht vorhanden.

Reine ausgefahrene Piste mit sehr tiefen Spurrinnen von den schweren LKWs. Wir stehen hier nun am „Ende“ der Straße vor der Fähre, die erst in 5 Stunden fahren wird.Am Tag gibt es für diesen Kilometer über den Fluss nur 4 Abfahrtszeiten! Die Fähre ist sehr alt. Das Schiff wird über die Seite beladen.

Dies bedeutet einen riesigen Rangieraufwand, besonders für die großen LKWs.

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