Ja, manchmal macht man etwas verrücktes oder besser ausgedrückt, etwas was man schon lange machen wollte, es sich aber nicht richtig getraut hat. In der monatlich erscheinenden Vereinszeitschrift des Deutschen Alpenvereins erschien ein kurzer Bericht, dass die Sudetendeutsche Hütte einen neuen Pächter hat und dieser zur Eröffnung ein Angebot anbietet, das einen Schwaben zugreifen lässt. Also ohne lange Überlegung angemailt und gebucht. Alle anderen Überlegungen kamen dann erst später.
Kommentar unser Tochter: „wie wollt denn ihr da hoch kommen? “
Da wir es vor über 20 Jahren schon einmal versucht haben und uns damals ein Bienenstich davon abhielt, schauten wir nach den alten Karten und bereiteten uns etwas vor. Selbst Kletter-steigsicherung wurde eingepackt und unsere Rucksäcke hatten schnell stolze 13 kg Gewicht. Wir trösteten uns, dass die 4 Liter Wasser und die Lebensmittel ja schnell abnehmen werden. Auf das hergerichtete 15 muss lange Seil verzichteten wir aus Gewichtsgründen ganz.
Etwas nervös waren wir schon. Haben zwar gerade die Fahrradtour gemeistert, aber im Bergwandern waren wir doch ein paar Jahre nicht mehr unterwegs.
Sehr gut war, dass wir zwei Tage vor dem Aufstieg schon in Matrei waren und zwei größere Touren zur Eingewöhnung gehen konnten.
In Matrei erkundigten wir uns an der Seilbahn ob sie am nächsten Morgen auch in Betrieb wäre. Service wird hier nicht groß geschrieben und deshalb die vage Auskunft: „Frag doch morgen um 8.45 Uhr noch einmal nach, dann kann ich dir sagen, ob wir um neun Uhr fahren“. Da am nächsten Tag schlechtere Wetterbedingungen angesagt waren, war es uns dann zu unsicher und wir entschlossen uns, nach Glanz zu fahren und von dort den Aufstieg zu machen. Dann halt ohne Seilbahn und Höhenweg. Da wir das WoMo dabei hatten, konnten wir in Glanz auf dem Waldparkplatz ganz ungestört übernachten.
Morgens gegen 8.20 Uhr gingen wir dann los.
Schwierigkeit: leicht, Kondition: naja, Erlebnis:gut und Landschaft: schön, so haben wir die Beschreibung im Alpenvereins-App interpretiert. 1148 m Aufstieg, 57 m Abstieg, 7,6 km in 4 Stunden. Manche schaffen es angeblich auch in gut 2 Stunden erfuhren wir später, allerdings dachten wir, dass dies etwas geprahlt war. Wir wollten es schaffen und gingen von 6 Stunden aus.
Der erste Kilometer ging, da wir nicht den Fahrweg gehen wollten, steil im Wald nach oben und schlauchte uns schon. Wir hatten schon an den Vortagen festgestellt, dass der Anfang uns immer schwer fiel. Wir ließen uns Zeit, verschnauften und machten öfters Rast. Aber auf halber Höhe angekommen, ging es dann entlang wunderschöner Bergwiesen fast auf geradem Weg dem Hang entlang. Bauern brachten an den steilen Hängen mühsam ihr Heu ein. Entlang der Edelweißwiese wanderten wir bei strahlender Sonne mit grandiosem Fernblick. Unter uns Matrei und das Virgental, im Hintergrund der Große Venediger.
Durch den Wald ging es dann hinunter zur äusseren Steineralm, an ihr vorbei im Hochtal nach hinten zur Schmelzhütte. Es war traumhaft schön, hoch über uns war die Sudetendeutsche Hütte schon zu sehen.
http://www.alpenverein-schwaben.de/huetten/sudetendeutsche-huette.html
Ab jetzt allerdings ging es wieder sehr steil nach oben. Unterwegs trafen wir immer wieder auf Bergschafe, die den Pfad doch tatsächlich am liebsten für sich behaupten wollten. Die Schafe waren viel größer als die, welche wir hier von zu Hause kennen. Der Anstieg war anstrengend für uns und Kondition, naja, war doch etwas untertrieben. Leider kam jetzt der angekündigte Wetterbruch auf. Eine Gewitterfront zog rasch auf. Wir zogen unser Regencape über als es leicht zu regnen begann. Der Regen wurde stärker, der Wind stürmisch und Blitz und Donnerfolge wurden immer kürzer. Es fing an zu hageln. Schutz gab es keinen, nur Fels und Stein um uns herum. Wir spannten das Cape wie ein kleines Zelt um uns herum auf und kauerten uns in eine Erdrinne. Innerhalb von 10 Minuten ein Temperatursturz von annähernd 20° C und der ganze Hang mit ca 2 cm hohem weißem Hagel bedeckt. Als es kurz nachließ, liefen wir weiter. Jetzt sehr rasch und ohne Stockeinsatz. Knapp über uns die Hütte, zum Greifen nahe und doch noch 30 Minuten zum Gehen entfernt. Als ein Blitz herniederkam, unmittelbar, einen Wimpernschlag später von einem gewaltigen Donner gefolgt, schmiss sich Gisela nur noch auf den Boden. Erst nachdem ich etliche Sekunden später zu ihr sagte :“Der Blitz hat dich nicht getroffen, du bist nicht tot“ stand sie immer noch ängstlich und zögernd auf.
Kurze Zeit später erreichten wir dann nass und durchgefroren unsere Hütte. Gisela zitterte vor Kälte so, dass ihr das anziehen von trockener Kleidung schwer fiel.
Wir hatten das Wetter falsch eingeschätzt. In den Vortagen gab es auch jeden Tag Gewitter, nur etwa 3 Stunden später und heute waren wir 1200 m höher.
Schaden allerdings haben wir keinen erlitten und bei dem ersten Teller heißer Suppe war die Welt wieder rund.
Das Zweibettzimmer hier oben war super. Zwar ist so eine Hütte sehr hellhörig, aber wir konnten unser Gepäck und die Kleidung einfach hier im Zimmer liegen lassen.
Bis auf unsere Schuhe, die noch etwas feucht waren, war unsere Kleidung am nächsten Tag wieder trocken. Es herrschte hier oben Fernsicht, das Tal tief unter uns gefüllt mit Nebel. Der Regen des Vorabends ist auf den Tischen und Bänken vor der Hütte angefroren.
Wir machten an diesem Tag nur eine kleine Wanderung bei strahlender Sonne und gutem Fernblick auf den naheliegenden Aussichtspunkt zum Großglockner hin. Es waren nur knapp 200 Höhenmeter. Der Gletscher um den Großglockner und der Gipfel selber kamen immer wieder aus dem Nebel heraus zum Vorschein.
Grandios!
Der 2. Tag auf der Hütte führte uns fast 500 Höhenmeter hinauf. An dem Tag bezwang Gisela ihre ersten 3000er. Das Weilach-köpfle und der kleine Muntaniz (3192 m) waren angesagt Auf den großen Muntaniz wollte dann Gisela nicht mehr.
Der Weg dorthin war zwar nicht mehr weit, es ist aber wieder windig und kalt geworden, wir verzichteten daher.
Abends gab es dann noch einen gemütlichen Hüttenzauber mit Gitarren- und Akkordeonmusik. Carol, die Hüttenwirtin, hatte Geburtstag.
Für Carol und Felix an dieser Stelle noch ein ganz besonderes Lob und Dankeschön. Wir haben es sehr genossen dort oben bei euch zu sein und fühlten uns gut versorgt. Wir können nur jedem weiterempfehlen, diese hochalpine Hütte zu besuchen. Ein grandioses Erlebnis mit netten Wirtsleuten.
Vielleicht kann die Sektion Schwaben im DAV sich doch durchdringen, etwas mehr Werbung für ihre tolle Hütte zu machen. Der Hüttenwirt hätte es verdient und viele Wanderer ein tolles Erlebnis.
Am nächsten Morgen war dann der Abstieg angesagt. Wir wollten den selben Weg zurück zu unserem WoMo. Alles Andere wäre zu kompliziert geworden. Das Wetter sollte regnerisch werden. Diesmal aber hatten wir Glück. Das Wetter hielt und in 3 Stunden hatten wir den Abstieg bewältigt. Allerdings hatte Gisela anschließend etwas Probleme mit den Knien. Beim Aufstieg hatten wir beide keine Beschwerden, beim Abstieg hatte aber ich anschließend Muskelkater in den Oberschenkeln.
Alles in Allem eine Tour, die fantastisch war und wir nur empfehlen können.