Bis zum Baikal sind es nur noch 1000 km – Wir sind da!

Am Morgen wachten wir wie üblich zum ersten Mal gegen 5 Uhr auf. Die Sonne blinzelte herein und wir stellten zum wiederholten Mal fest, dass wir die Zeitumstellung einfach noch nicht bewältigt haben. Das zweite Mal als wir dann aufwachten war es gegen 8 Uhr. Die restlichen Kilometer nach Krasnojarsk waren schon bald abgespult.

Krasnojarsk hat eigentlich nicht viel zu bieten und doch finden wir es wunderschön. In einem Kommentar wurde es ja schon angekündigt und tatsächlich, es gibt hier Berge mit 400 m. Die Landschaft veränderte sich dadurch sehr und wurde für uns interessanter. Krasnojarsk liegt am Jenissei und bei Krasnojarsk befindet sich der Staudamm der den Jenissei, der aus dem Süden kommt, staut. Der Jenissei ist mit seinen fast 3500 km Länge einer der längsten Flüsse der Welt und entspringt in der Mongolei und fließt in das Polarmeer. Im Sommer ist er schiffbar und die Schiffe versorgen die Dörfer bis hoch zum Polarmeer. Im Winter ist er befahrbar und die Verbindung zu den Dörfern erfolgt auf dem zugefrorenen Fluss. Pisten in Richtung Norden gibt es nur noch für die nächsten 200 km, dann endet das Straßennetz und ein Fortkommen mit dem Fahrzeug ist außerhalb der Wintermonate unmöglich. Allerdings beginnt dort, wo die Straßen enden, auch schon der Permafrostboden. Der Staudamm hier wurde im Jahre 1969 fertig gestellt und versorgt diesen Landesteil mit Strom. Hauptsächlich für die Aluminiumgewinnung wird viel Energie benötigt. Außer Aluminium werden hier noch mannigfach andere Bodenschätze abgebaut. Uran, Erdöl, Erdgas, Gold, Kohle und vieles mehr. Durch die gewaltige Wassermenge, die hier angestaut wird, hat sich das Klima verändert. Das Wasser im Stausee speichert in den Sommermonaten so viel Wärme, dass der See trotz der Kälte im Winter nicht zufriert. Der Fluss unterhalb der Staumauer ist in der Regel von November bis März zugefroren und dadurch als Autostraße nutzbar. Der Jenissei mit See ist schiffbar und die Schiffe werden über ein Schiffshebewerk vom Fluss in den See transportiert. Ein gewaltiges Bauwerk. Auch Flusskreuzfahrten sind möglich. Darüber hinaus ist der Fluss für den Holztransport sehr nützlich. Hier in der Taiga befindet sich das größte zusammenhängende Waldgebiet der Welt.

Wir verbrachten den ganzen Tag mit Staunen und Schauen. Am Nachmittag verließen wir die Gegend allerdings wieder und fuhren noch 40 km weiter. Dort stehen wir nun einen Kilometer abseits des Transsib-Highway mitten in einem Feld. Soweit das Auge reicht ein Feld. Weit in der Ferne ein kleines Dorf. Wir hätten gerne einen Baum als Sichtschutz gehabt, den gab es aber nicht und die wenigen Birken standen in der Nähe von Wasser, sodass wir beim Anfahren befürchten müssten, dass wir im Schlamm versinken. Also stehen wir auf dem Feld, der Wind rauscht und einige Vögel pfeifen. Sonst ist es still. Wir genießen was in Deutschland so schon lange nicht mehr möglich ist und philosophieren so vor uns hin, dass alles wohl Vor- und Nachteile hat.

So idyllisch es hier am Vorabend war, so idyllisch war auch der Morgen. Nach dem Frühstück verließen wir diesen Präsentierteller. Wir waren dort bestimmt auf 5 km rundum sichtbar, keiner nahm Notiz von uns. Es wurde ein traumhaft schöner Tag und wir fuhren nun durch die Hügel der Taiga auf endlos geraden, gut ausgebauten Straßen umsäumt von Wäldern soweit das Auge reicht. Teilweise ist auch hier sichtbar, dass Teile des Baumbestandes krank sind. Die Umwelt leidet auch hier, manchmal glauben wir sogar, mehr als zu Hause. Die Industrie in den Städten, die Erdölgewinnung, all dies trägt dazu bei. Umweltschutz wird sehr klein geschrieben.
Die Landschaft hat sich verändert und ist abwechslungsreicher geworden.
Mittagspause gab es an einem kleinen See. Trotz der noch niedrigen Wassertemperatur sahen wir zum wiederholten Mal, dass Einheimische schon baden. Zu kurz ist wohl der Sommer.
Abends stehen wir nun am Rande eines 500 Seelendorfes in Mittelsibirien an einem See und einer verfallenen Kirchenruine. Gisela kocht gerade Gulasch und der Wein ist schon kalt gestellt. Ihr seht, wir lassen es uns gut gehen.

Am nächsten Morgen fuhren wir dann weiter in Richtung Irkutsk. Bernhard und Brigitte teilten uns per Mail mit, dass sie dort beim Eisenbahnmuseum auf einer Insel sehr zentral stehen würden. Bis dorthin waren es aber für uns noch 560 km. Sehr gemütlich mit Fotostopps fuhren wir auf der gut ausgebauten Straße ohne Zeitzwang. Ein Teilabschnitt der Straße, ca. 20 km lang, befand sich im Bau und wir konnten erspüren, wie diese Fahrt wohl vor 15 Jahren noch gewesen war. Am frühen Nachmittag fanden wir dann etwa 500 m entfernt von der Straße eine schöne abgeschirmte Waldlichtung, die kaum einsehbar war. Diese versprach einen ruhigen, ungestörten Abend. Wir wollten grillen. Schon nach wenigen Sekunden brannte die Birkenrinde, die ich abgeschält hatte und das aufgelegte Birkenholz entflammte schnell. Feuermachen ohne Papier und sonstige Mittel, mit Birkenholz geht es fantastisch. Schon bald darauf war die erste Wurst gegrillt und schmeckte köstlich. Bevor aber die zweite Wurst fertig war, hatten uns schon Kinder, wo die her kamen keine Ahnung, gerochen. Sie spazierten nur vorbei und schauten und trotzdem fühlten wir uns heute gestört. Brigitte hatte inzwischen angerufen und bedauert, dass wir Irkutsk heute nicht erreichen und somit entschlossen wir uns, heute doch noch die 160 km zu fahren. Gedacht, getan, um 20 Uhr waren wir in Irkutsk.

Die Insel ist tatsächlich ein sehr guter Platz zum übernachten und wir verbrachten eine ruhige Nacht. Allerdings waren wir auch entsprechend müde. Am nächsten Tag bummelten wir durch die Stadt. Der Markt war nett, aber hielt den Vergleich mit Novosibirsk nicht stand. Gisela und ich gingen dann zum Bahnhof um uns nach einer Fahrkarte nach Wladiwostok mit der Transsib zu erkundigen. Wie üblich auf den russischen Bahnhöfen bedeutete dies langes Anstehen. Leider um dann zu hören, dass keiner auch nur bruchstückweise englisch sprechen konnte oder wollte. Scheiße, welcher Reinfall und was jetzt. Gisela hat dies akzeptiert, mich aber wurmte diese „Niederlage“. Mit der Straßenbahn ( 20 Cent pro Fahrt) ging es zurück zum Zentrum. Als ich unterwegs ein Reisebüro sah, stiegen wir rasch aus. Leider wieder ein Reinfall, die Kollegin, die englisch sprach war nicht hier. Über Google fand ich aber dann ein Reisebüro und wir bekamen eine kompetente Beratung. Die Dame verstand zwar nicht, dass man 3 Tage Zugfahrt auf sich nehmen will wenn man es auch in kurzer Zeit mit dem Flugzeug schaffen könnte. Beratung hin, Beratung her, die Tickets waren kein Problem. Lediglich, dass es nur Viererabteil gab und man die Kabine teilen müsse und dass der verrückte Spaß auch hier in Russland 1000.- € kosten würde, gab den Ausschlag nicht zu fahren. Die reine Bahnfahrt hätte „nur“ 350.- € pro Person gekostet. Schade, aber vernünftig.
Es war trotzdem ein schöner Tag und abends waren wir wieder rechtschaffen müde. Mit über 25000 Schritten stellten wir an diesem Tag einen Rekord auf.

Am nächsten Morgen hieß es dann Abschied nehmen von Brigitte und Bernhard. Sie fuhren weiter in Richtung Mongolei, wir hatten uns entschlossen noch ein paar Tage auf der Baikalinsel Olchon zu verbringen. Dies bedeutete, 260 km in nordöstlicher Richtung zu fahren. Die Fähre zum Übersetzen auf die Insel hatten wir erfahren, wäre in diesem Jahr schon in Betrieb. Oft verkehrt die Fähre im Mai noch nicht. Die Eisdecke ist für die Fähre noch zu dick, aber das Eis zu dünn um mit dem Fahrzeug direkt über den See zu fahren. Die Insel ist daher oft im Mai nicht zu erreichen. Wir hatten Glück und mit der vorletzten Fähre an diesem Tag setzten wir über.

Danach fuhren wir, hier sind alle Straßen Naturpisten, noch wenige Kilometer um dann querfeldein bis zur Steilküste zu fahren und dort in traumhafter , einsamer Umgebung die Sonne untergehen zu sehen.

Unterwegs, noch auf dem Festland, erlebten wir ein traditionelles Volksfest direkt an der Straße. Viele einheimische Folkloregruppen traten auf.

Pferdewettkämpfe fanden statt. Die Reiter und Reiterinnen auf geschmückten Pferden und in traditionellen Trachten. Wir konnten zwar nicht herausfinden was gefeiert wurde, letztendlich war dies aber auch egal. Es war einfach schön. An diesem Abend hatte Giselas weißes Haar wieder eine schöne braune Patina und als wir abends unser Gesicht abwischten, haben wir beide empfunden, dass wir schon seit Ewigkeiten nicht mehr so viel Dreck im Gesicht gehabt hatten.

Schaman-Felsen im Baikal

Unser Hotel für die nächsten 3 Tage

Veröffentlicht unter Reisebericht, Russland | Verschlagwortet mit , | Kommentare deaktiviert für Bis zum Baikal sind es nur noch 1000 km – Wir sind da!

Am Baikal

image

Veröffentlicht unter Reisebericht | Kommentare deaktiviert für Am Baikal

Am Jennisei angekommen

Der Jennisei ist mit seinen fast 3500 km Länge einer der längsten Flüsse der Welt

Veröffentlicht unter Russland | Kommentare deaktiviert für Am Jennisei angekommen

Dummheit schützt angeblich nicht vor Strafe, manchmal aber doch!

Nachdem auch wir den Staub von uns abgewaschen haben, besichtigten wir gemeinsam mit Bernhard und Brigitte das Museum im Deutschen Haus. Dort werden liebevoll einige Zeichen der Zeitgeschichte aufbewahrt. Manche Exponate waren noch gar nicht so alt und trotzdem fühlten wir uns um 100 Jahre zurückversetzt.

Kurz vor dem Museumsbesuch hatten Gisela und ich noch Besuch von den Redakteuren der deutschsprachigen Zeitung aus Novosibirsk. Sie fotografierten das WoMo mit uns und wollten daraus einen Artikel über den Besuch aus Deutschland schreiben.

Am Spätnachmittag besuchten wir dann noch den Bahnhof von Novosibirsk. Der größte Bahnhof Russlands. Alles was mit Bahn zu tun hat, ist in Russland ausgesprochen sauber. Fast könnte man meinen, dass jeder Stein im Gleisbett einzeln poliert wurde. Die Gebäude in tadellosem Zustand, die Wände zum Teil mit Marmor verkleidet. Die Wartesäle sauber, sodass man fast vom Boden essen kann.

Von hier aus verkehren, auf dem Display ausgewiesen, Züge nach Peking, nach Moskau, nach Wladiwostok und und und. Fantastisch, eine unglaubliche Atmosphäre.

Bernhard und Brigitte fuhren am nächsten Morgen weiter und wir waren so begeistert vom Bahnhof, dass wir ihn noch einmal ausgiebig besuchten. Davor bummelten wir über den Zentralmarkt. Dieser war schon unter der Sowjetherrschaft berühmt für seine Größe und vor allem für seine gute Auswahl. Hier bekommt in Marktatmosphäre, völlig entspannt, alles was man benötigt. Die Auswahl umfaßt bestes Baumarktangebot bis hin zum Feinkostladen. Wir genossen das Bummeln, das Kaufen und das Fotografieren. Am Spätnachmittag waren wir zurück und hatten nicht viel unternommen, dafür aber die zwei Highlights ausführlich genossen.

Noch einmal die heiße Dusche genießen, am nächsten Morgen soll es weiter gehen.

Bevor wir jedoch die Stadt verlassen haben, war es Giselas Wunsch noch den Zoo zu besichtigen. Ein sehr netter Zoo, in einem weitläufigen parkähnlichen Gelände. Die Tiere sehr gepflegt.
Wenn man jedoch Afrika im Kopf hat und viele Tiere die hier in Käfigen leben schon in freier Natur erlebt hat, ist vieles relativ zu betrachten.
Der Zoo ist aber trotz dieser Betrachtungsweise sehr schön und es macht Spaß darin zu spazieren.
Anschließend wurde dann noch mein Wunsch erfüllt und wir besuchten das Eisenbahnmuseum.

Dort sind Loks, Waggons und Sondermodelle ausgestellt, die mit der transsibirischen Eisenbahn eng verbunden sind. Das Ganze leider etwas heruntergekommen und mit, wie so oft in Russland ersichtlich, viel Farbe kaschiert. Die Sondermodelle waren sehr interessant. Schneefräsen, Schneepflüge und Waggons zum Transport von flüssigem Stahl waren imposant.

Es war schon nach 15 Uhr als wir unsere Lebensmittel noch aufgefrischt und Novosibirsk verlassen haben.
Nun lagen 800 km vor uns bis zur nächstgrößeren Stadt. Wir fuhren noch knapp 200 km und standen dann abseits der Straße im Birkenwald.

In der Nacht, der Wetterbericht hatte es vorhergesagt, fing es dann an zu regnen. Es regnete am nächsten Morgen und den ganzen Tag. Zumindest ist es nicht kalt geworden und wir machten den Tag zum Fahrtag. Es wurde an diesem Tag überhaupt nicht richtig hell. Das Autofahren machte auch keinen richtigen Spaß und viel Verkehr war auch noch.

Jetzt komme ich zur Überschrift des Berichts. Auf einer der vielen, und ich übertreibe nicht, mehreren kilometerlangen Geraden war mal wieder Überholverbot. Ich wartete, bis der durchgezogene Strich unterbrochen wurde und überholte einen langsam fahrenden Lieferwagen. Ein Kilometer später warnten schon die ersten LKWs vor einer Polizeikontrolle und obwohl ich langsam fuhr wurde ich hinaus gewinkt. Führerschein und Fahrzeugpapiere wurden kassiert. Eine Radarpistole sollte der Beweis sein. Er versuchte mühsam die Bilder zu finden, fand aber nichts. Ich sollte mitkommen zum Polizeifahrzeug. Ich stellte mich sowas von dumm an. „Ne panimaju“ war das einzige was ich sagte. Sehr mühsam, ich verstand aber immer gar nichts und sagte nur „ich verstehe nicht“, erklärte der Polizist, ich hätte überholt im Überholverbot. Er machte eine kleine Zeichnung sogar. Ich, total entrüstet, das stimmt nicht! Verbesserte seine Zeichnung. Der Kollege im Fahrzeug schaute sich das Ganze auch an und schrieb klein auf die Rückseite, ich sollte es nicht sehen, 100.- €. Ich dachte die Spinnen, wollen mich Abzocken und machte die Geldbörse auf und zeigte ihm 10.- € die darin enthalten waren. Er lachte und sagte „njet“. Ich lachte und zeigte ihm die Kreditkarte und sagte “ Kein Bargeld“. Dem Kollegen dauerte das Ganze schon zu lange und er nahm die abgelegte Radarpistole und machte die nächsten Kontrollen. Mein „Freund“ faselte etwas von Protokoll und Führerscheineinzug und zeigte mir mit gekreuzten Armen eine Festnahme an. Ich zeigte auf mich, lächelte liebenswürdig und sagte „Ne panimaju“. Aus dem Reiseführer wusste ich, dass sie den Führerschein nicht einbehalten dürfen, immer aber damit drohen. Es wurde ihm nun auch zu dumm, sich mit so einem dummen Touristen abzugeben. Er zeigte mit zwei Fingern auf seine Augen und dann auf mich. Ich dachte er sagt, er hätte mich im Blick. Vielleicht meinte er auch nur ich soll mit Weitblick fahren und gab mir meine Papiere zurück. Frech wie ich bin, ging ich auf beide noch einmal zu und gab beiden die Hand zum Abschied. Ich denke, so etwas ist denen noch nie passiert. „Ne panimaju“!

Jetzt stehen wir, es regnet immer noch ca. 130 km vor Krasnojarsk. Von dort aus sind es dann nur noch 1000 km zum Baikalsee.

Heute Abend trinken wir noch ein gemütliches Glas Wein auf unsere Martina. Martina hat heute Geburtstag und wir wünschen ihr alles Liebe!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht unter Reisebericht, Russland | Verschlagwortet mit , , | 2 Kommentare

17.Mai 2015, unsere bisherige Route

Veröffentlicht unter Estland, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Tschechien | Ein Kommentar

unser Übernachtungsplatz „Deutsch-Russisches Haus“ in Nowosibirsk

Nemezki Dom (N55° 02.022′ E82° 56.048′)

http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Russisches_Haus

 

Veröffentlicht unter Russland | Kommentare deaktiviert für unser Übernachtungsplatz „Deutsch-Russisches Haus“ in Nowosibirsk

Novosibirsk

Einkauf auf dem Stadtmarkt. Diesen gab es in der selben Form schon zu Sowjetzeiten

Veröffentlicht unter Reisebericht | Kommentare deaktiviert für Novosibirsk

Endloses Sibirien

Sibirien ist ein endloses Land. Nach einer guten, sehr ruhigen Nacht sind wir heute Morgen etwas später aufgewacht. Zwei neugierige russische Rentner standen schon vor dem WoMo und wir waren gleich im Gespräch. Die Menschen hier sind sehr freundlich und hilfsbereit. Da wir mitten in einem sehr kleinen Dorf parkten, waren wir das Dorfgespräch Nummer 1.

Gestern Abend kamen noch der Mann, vor dessen Haus wir parken, mit seiner Frau vorbei. Sie würden nur nach dem Rechten schauen, woher, wohin und alles ist in Ordnung. Die Dörfer bieten sich richtig als sicherer Übernachtungsplatz an. Heute gegen Mittag sind wir unterwegs für eine Pause vom Highway abgefahren. 20 m waren noch geteert und dann begann schon die durch den vielen Regen schlammige Piste. Der Allrad machte es zwar möglich, dass wir ohne Probleme wieder raus kamen, wir versauten aber anschließend die Straße wie der größte Traktor der frisch vom Feld fährt. Unsere Spur war fast 100 m lang.

Nach 320 km Fahrt stehen wir heute Abend wieder in einem kleinen Städtchen (Ischim). Gisela hat in einem Haus geklopft und um Erlaubnis gebeten vor dem Haus stehen zu bleiben. Wiederum Gastfreundschaft pur, kein Problem und ein kleines Gespräch gab es kostenlos dazu. Egal ob man russisch kann oder nicht, es wird einfach losgeplappert und Antworten auf Deutsch werden toleriert und man hat das Gefühl, dass man sich trotz der sprachlichen Differenz versteht. Abends hatten wir dann noch Besuch vom „halben Dorf“, hauptsächlich die Kinder waren neugierig, aber auch einige Erwachsene. Die Kinder des Nachbarhauses brachten uns ein kleines Geschenk in Form einer Magnettafel mit der Aufschrift „viel Glück“ und ein kleines Mädchen ging nach Hause und malte ein Bild für uns und brachte es uns spät abends. Einfach lieb.

Heute Morgen haben wir schon bei Martin angerufen. Er hat heute Geburtstag und wir waren über die Qualität des Gespräches erstaunt. Internet ist hier oft langsam, das Telefonat war aber super.

In Omsk blieben wir dann 2 Nächte. Der Platz, ein bewachter Parkplatz, sehr zentral nur knapp 2 km vom Zentrum ist sehr zu empfehlen. Das WoMo war über Nacht das einzige Fahrzeug. Der Platz sehr sauber, sogar ein Baum in der Mitte und zum Stadtpark am Fluss waren es nur 200 m (N55,00459 O 073,34294).

Omsk hat wenig zu bieten wenn man von den 83 Bibliotheken absieht die es hier gibt. Jeder 4. Einwohner studiert hier und es ist somit eine junge pulsierende Stadt.

Wir haben nun Omsk verlassen und sind auf einer gut ausgebauten Landstraße parallel zur M51 ca. 120 km gefahren, um dann in die M51 einzufahren die uns nach Novosibirsk bringt. Die Straße ist in einem sehr guten Zustand. Leider macht das Fahren wenig Laune. Immer geradeaus Richtung Osten. Birkenwäldchen und Sumpf links und rechts der Straße, ab und zu unterbrochen von einem unendlich wirkenden Acker und das über mehrere 1000 km. Eigentlich unvorstellbar. Manchmal fährt man 30 Minuten ohne einem anderen Fahrzeug zu begegnen. Wenig PKW, viele LKW. Selbst die Polizeikontrollstellen sind fast verschwunden. Aber halt, ab und zu doch am Straßenrand ein Blitzer, meist aber in einem sehr desolaten Zustand und ohne Kamera. Heute sind wir 520 km gefahren. Es gab außer dem soeben aufgezeigten unterwegs nichts anzusehen. Auf dem ersten, parallelen Teil der Strecke hatten wir zumindest das Gefühl, durch Sibirien zu fahren, zudem dass wir uns verfahren hatten und somit richtig draußen waren, abseits des Highways. Hier waren die Dörfer noch sehr ursprünglich und Straßen und Flussüberquerungen noch abenteuerlich. Oft stellen wir uns die Frage, wie ist es hier wohl im Winter. Für uns im Moment nur sehr schwer vorstellbar. Auf dem Land leben die Menschen, wenn man vom Fernseher und Auto absieht, noch sehr gemütlich. Man sitzt vor dem Haus, einem Schwatz nicht abgeneigt. In der Stadt ist dieselbe hektische Fahrweise wie bei uns, eher sogar durch die mangelnden Straßenmarkierungen noch wilder. Es wird gedrängelt, gedrückt, das Ganze aber mit Vorsicht und Rücksicht. Fußgänger haben Vorrang und Polizisten sind Respektspersonen.
Gedrängelt wird überall und man muss sich behaupten sonst wartet man oft lange. Auch an Kassen und Auskunftsstellen. In den Supermärkten ist das Angebot wie bei uns. Nirgendwo auf der Welt hatten wir, wie in Deutschland, solche Wursttheken, Brot, Kaffeeauswahl und alles andere sowieso als Auswahl. Materiell ist es ein Heimspiel und für so etwas sind wir nun über 6000 km von zu Hause entfernt. Und trotzdem ist vieles fremd. Die Sprache ist sehr speziell. Gott sei Dank sind wir in unserem Fahrzeug autark. Die Camperbedingungen sind eine echte Herausforderung.


Russland, mit seinen Weiten. Kein Hügel, alles flach soweit das Auge reicht. Ist nicht so das Unsere. Wir merken gerade, dass uns andere Landschaftsformen mehr zusagen, dass Berge ihren Reiz haben und auch das Meer etwas schönes hat. Dass es die Abwechslung wohl ist was oft den Reiz ausmacht und hier doch alles sehr gleichmäßig wirkt.
Die Sonne geht gerade so langsam unter und taucht das Land in ein wunderschönes ockerfarbenes Abendlicht. Wir stehen idyllisch etwas abseits der Hauptstraße an einem kleinen See und genießen die Natur, einschließlich der vorhandenen Schnaken. Die Schnaken gibt es hier zuhauf. Wir sind froh um unser Moskitonetz und darüber, dass sie relativ schnell das Interesse an uns verlieren. Malaria gibt es hier, Gott sei Dank, nicht.

Wir sind nun der Zeit in Deutschland 4 Stunden voraus.

Die Nacht war herrlich und so gut wie heute habe ich schon lange nicht mehr geschlafen. Heute Morgen waren auch die geliebten Schnaken noch nicht zu sehen und heute Nacht war es denen wohl zu kühl. Die Temperatur ging auf 8° C zurück.
Wir haben unseren Waldsee heute Morgen verlassen und sind die knapp 200 km nach Novosibirsk gefahren. Dort haben wir mitten in der drittgrößten Stadt Russlands im „Deutschen Haus“ einen Stellplatz bekommen (N55° 02.022′ E82° 56.048′). Hier wird deutsch gesprochen und wir wurden sehr lieb in Empfang genommen. Es geht etwas steif und sehr vornehm zu, dies ist aber ja oft in deutschen Enklaven der Fall. Liebevoll wird hier das Deutschtum noch gepflegt.
Wir haben gerade zu Mittag gegessen und jetzt wird unsere Wäsche gewaschen. Dies war dringend nötig und auch wir können eine Dusche vertragen.

 

Veröffentlicht unter Reisebericht, Russland | Verschlagwortet mit , , | 2 Kommentare

Mieser Tag, Schicksal und eine nette Begegnung

Nun haben wir den europäischen Kontinent verlassen und Asien erreicht. Leider bei strömendem Regen und einer Temperatur
unter 5° C.
Heute Morgen war die Welt hier mit einem weißen „Zuckerguss“ bedeckt.

Nachdem wir am Freitag einen Depressionstag hatten und wir alles andere als motiviert waren, haben wir uns am Nachmittag auf den Parkplatz des 5 Sterne Hotels Ramada gestellt. Davor hatten wir versucht, zwei im Navi aufgezeigte Plätze anzufahren, die aber nicht vorhanden waren. Sind unmotiviert durch Jekaterinburg gefahren und wollten dann den Rastplatz anfahren, den Brigitte uns aufgeschrieben hatte. Dies führte zuerst dazu, dass wir anhand der Koordinaten unweit des Rastplatzes landeten. Leider aber auf der verkehrten Seite der Transib-Eisenbahnstrecke im Nirgendwo. Dann mühsam auf die andere Seite der Bahnlinie, um dort einen Rastplatz zu finden, der eher einem Schrottplatz glich. Ich bestand dann auch noch drauf, dass Gisela einen Polizisten nach Möglichkeiten zum Übernachten fragt. Zum Glück war der Polizist ein echter Knuffi und empfahl uns das Ramada. Dort standen wir nun mit unserer Depression. Etwas aufmunternd waren zum Glück der See und der nette kleine Park am Hotel.
Die mitgeführte Flasche Whisky machte es dann ein wenig erträglicher.
Am nächsten Morgen hatten wir uns entschlossen die Stadt zu verlassen. Das orthodoxe Kloster Ganina Yama lag 40 km abseits von uns und wir hatten keinerlei Informationen, ob es sich lohnt oder ob es zu besichtigen sei. Selbst den Namen des Klosters suchten wir mühsam aus dem Internet heraus. Weitere Informationen gab es nicht. Also die Entscheidung, wir fahren nach Omsk. Bei der Abfahrt sagte das Navi eine Richtung an, die etwas verwirrend war. Dann, nach 5 km ging die Strecke immer noch Richtung Innenstadt. Gisela meinte schon vorher, das stimmt nicht. Bei der Überprüfung der Route stellte ich dann fest, dass die Innenstadt am Vortage nicht erreicht wurde und somit wir über die Innenstadt gelotst werden. Dann soll es eben so sein, nicht beachtend, dass es Samstag der 9. Mai 2015 war.
Der 70. Jahrestag, der MIR Tag, der Beendigung des 2. Weltkrieges. Diesen Tag kennen wir auch in Deutschland aus der Presse. Bilder wie Düsenjägerformationen und Panzerparaden fallen mir dazu ein. Heute, einen Tag nachdem wir diesen Tag hier erleben durften, habe ich dazu ganz andere Bilder im Kopf. Wieder einmal fällt mir auf, wie einseitig auch bei uns berichtet wird. Vorab das Negative: wir brauchten für unsere 5 km lange Tour durch die Innenstadt über 3 Stunden.

Dafür hatten wir aber das Erlebnis zu beobachten, wie hunderttausende von Menschen die Innenstadt füllten. Wie alte Menschen gemeinsam mit ihren Kindern, Enkelkindern und Urenkeln zu dieser Kundgebung gingen. Im russischen gibt es keinen Begriff für Frieden, der Begriff MIR sagt aus, kein Krieg und dies wird gefeiert von der ganzen Bevölkerung. Ja doch, Düsenjägerformationen, Panzerauffahrten und Militärparaden gab es auch. Dieses Machtgehabe muss anscheinend sein. Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist einfach nur in Festlaune, weil seit 70 Jahren der Krieg vorbei ist. Die einzige Bedrohung hier, war das riesige Verkehrschaos, verursacht durch die vielen Omnibusse, die PKWs und die Masse an Fußgängern. Die Polizei war machtlos und trotzdem hat alles funktioniert.

Durch diese Verzögerung durch die Innenstadt und der bei uns inzwischen wieder eingekehrten Zuversicht, entschlossen wir uns doch, noch zum Kloster Ganina Yama zu fahren. Der Weg dorthin ist ohne Navi nur schwer zu finden und der Zustand der Zufahrtsstraße vorsichtig ausgedrückt, nicht im optimalen Zustand. Der erste Eindruck als wir die Klosteranlage sahen, war beeindruckend.
Ein sehr stiller, friedlicher Ort in einem Waldstück. Die Mönche haben hier 7 Kirchen errichtet. Alle erbaut in Blockhausbauweise.

Der Innenraum geschmückt mit vielen Ikonen.

Das Ganze jedoch schlicht und nicht mit Gold überhäuft wie viele andere Kirchen. Um die Kirchen schöne Wege durch den Birkenwald. Immer wieder steht eine Statue, die an die letzte Zarenfamilie erinnert. Der Zar, seine Frau und ihre 5 Kinder wurden in der Nähe 1918 durch Bolschewisten ermordet. Damit diese Gräueltat nicht bekannt werden sollte, wurden die Gesichter der Leichen verätzt und die Leichen anschließend in einer Vertiefung im Wald verscharrt. Als man die Grabstätte der Zarenfamilie im Jahre 1979 entdeckte, wurde hier das Kloster gegründet und die Kirchen als Andenken erbaut.

Photographieren ist in den Kirchen grundsätzlich verboten.

Es wird kein Eintritt verlangt, Spenden sind willkommen. Frauen müssen bei betreten der Kirchen ihren Kopf bedecken und ihre Beine mit einem Rock verhüllen.

Jetzt habe ich aber schon einen Tag vorgegriffen. An diesem Tag fuhren wir, wie schon erwähnt, zur Klosteranlage. Da gerade einige Besucher da waren entschlossen wir uns, zuerst etwas zu essen. Als wir so im Fahrzeug saßen bemerkten wir, dass einige der Besucher unser WoMO bestaunten und es fotografierten.
Einer der Bewunderer klopfte dann zaghaft an unsere Tür und sprach eine Einladung zu sich nach Hause aus. Es war ein Mann mit 48 Jahren, der unserem typischen Russenbild entsprach. Militärklamotten an und ein kleines Barrett auf dem Kopf. Er sprach russisch und wenige Worte deutsch. Er wäre in den 80-Jahren als Soldat in Potsdam gewesen. Seine Frau kam dann auch dazu und wir nahmen die Einladung an. Wir fuhren ihrem Fahrzeug 20 Minuten hinterher und waren dann in ihrem Heim angelangt. Ein sehr schönes Haus und die Inneneinrichtung sehr modern und sehr komfortabel. Der Standard konnte mehr als mit deutschem Durchschnittsstandard konkurrieren. Ihr Haus sei unser Haus und wir sollen doch bei ihnen schlafen. Wir können die Banja benutzen, Duschen und sollen uns doch einfach Wohlfühlen. Wir fühlten uns wohl. Nachdem Boris, mein Freund, die Wodkaflasche geöffnet hatte merkte ich bald, dass ich da nicht mithalten kann. Irgendwann war die Flasche leer und er machte einen Cognac auf. Da war ich aber schon lange ausgestiegen. Es gab Tee, Kaffee und Kuchen, anschließend bis nach Mitternacht Braten, Kartoffeln, Wurst, Käse, Gegrilltes und zum Abschluss, selbstgemachte Piroge . Der Tag war mit Essen, Trinken und Plaudern ausgefüllt. Unser WoMo stand sicher bei ihnen im Innenhof. Bewacht von einem Rauhaardackel. Dieses Mistvieh hat mich sogar gebissen. Wir fuhren mit ihrem Fahrzeug gegen 21 Uhr den Weg in die Innenstadt zurück. Dort erlebten wir dann den Abschluss des MIR-Festes durch ein fantastisches Feuerwerk. Es regnete, laut Wetterbericht bei gefühlten -5° C in Strömen. Boris blieb im Wagen zurück, wir hatten nur einen Parkplatz in der 3. Reihe gefunden. War für uns kein Problem, da wir ja Larissa als Fahrerin hatten. Boris konnte natürlich nicht mehr fahren. Das Verkehrschaos war wie am Mittag des Tages schon erlebt. Fast eine halbe Stunde ging das Feuerwerk. Die Menschen waren ausgelassen und bejubelten jede besonders schöne Rakete. Erst kurz nach Mitternacht waren wir zurück.

Nach dem essen der frischgemachten Piroge (Rezept wurde veröffentlicht) ging es dann für uns ins WoMo zum schlafen.

Boris weckte uns heute Morgen dann gegen 9 Uhr. Wir hätten bestimmt noch länger geschlafen. Nach dem Frühstück hieß es dann Abschied nehmen und es fiel uns allen schwer. Ich wäre Boris „älterer Bruder“ und er war so gerührt, dass uns ein liebevolles SMS kurz nach unserer Abfahrt erreichte.
Wir können Boris und Larissa nur danken für ihre Gastfreundschaft und sagen, dass das eigene Leben durch solche Gesten verändert wird.

Wir fuhren heute Morgen noch einmal zu der Klosteranlage und besichtigten sie diesmal ausführlich.

Anschließend ging es weiter in Richtung Omsk. Knapp 1000 km bis zum nächsten Etappenziel. Die Fahrt führte uns heute knapp 200 km weit. Inzwischen haben wir ja in Jekaterinburg Europa verlassen und Asien betreten. Unterwegs geht es jetzt durch eine der längsten Tiefebenen der Welt. Gerade Straßen, kaum Wälder, noch einige große Felder und Dauerregen begleiteten uns auf unserem heutigen Weg. Nicht gerade aufregend. Jetzt stehen wir etwa 1 km abseits des Transsib-Highway mitten in einem kleinen Dorf. Kaum ein Mensch ist zu sehen und es ist sehr still. Mit Einbruch der Dunkelheit, es gibt keine Straßenbeleuchtung hier, hören sogar Hühner und Gänse zu gackern und schnattern auf.

Veröffentlicht unter Reisebericht, Russland | Verschlagwortet mit , , , | Ein Kommentar

Boris und Larissa

image

Veröffentlicht unter Reisebericht | Kommentare deaktiviert für Boris und Larissa